Donnerstag, 10. Oktober 2013

Film: Looper


Die Handlung von Looper sollte jeder Zuschauer für sich selbst entdecken und genießen können, deshalb möchte ich nichts verraten. Der Plot basiert auf einer sehr klugen Zeitreiseidee, die bis an ihr Extrem getrieben wird. Dabei ist der Handlungsbogen teilweise so anstrengend und ideenreich, dass man den Film kurz pausieren muss, um in Ruhe alle Möglichkeiten überdenken zu können. Die Story ist zudem gespickt mit Reprisen, Details und Foreshadowing, die viel zur Faszination beitragen.
Die intelligente Handlung erhält von mir bei isolierter Betrachtung locker die Bestnote, doch zeichnen einen guten Film schließlich noch viele andere Dinge aus: Charaktere, Gefühle, Musik, Bilder, Atmosphäre, Effekte, … In beinahe allen restlichen Aspekten liefert Looper leider nur durchschnittliche Kost. Mir persönlich sagt die reale und sehr brutale Science-Fiction-Welt wenig zu, auch die kalte Optik kann mich nicht begeistern. Die Dialoge gefallen mir dafür umso mehr, auch wenn mich die durchweg boshaften Figuren reichlich abstoßen.
Insgesamt ist Looper ist ein gelungener Science-Fiction-Film, der von seiner irrwitzig durchdachten Zeitreise-Story getragen wird. Fans von Matrix, Source Code und anderen Was-wäre-wenn-Bomben sollten Looper nicht verpassen!

8.0/10

Sonntag, 6. Oktober 2013

Roman: Joe Hill - Christmasland


Charlie Talent Manx fährt einen magischen 1938er-Rolls Royce mit dem Kennzeichen NOS4A2. Das Auto ist ihm eine große Hilfe dabei, Kinder zu entführen und diese ins Christmasland zu verschleppen, einem Ort, an dem Kinder auf ewig Kind sein können – zum Preis ihrer unschuldigen Seele. Bilderbuchautorin Victoria McQueen ist die einzige, die ihn aufhalten kann.

Der neueste Joe Hill-Roman „Christmasland“ wird Fans des Autors uneingeschränkt gefallen, kommt er doch mit allen üblichen Stärken (und Schwächen) daher. Das erste Drittel ist mal wieder der eigentliche Höhepunkt, denn die Einführung der Grundsituation und Charaktere ist sehr fantasievoll und hilft dem Leser schnell dabei, sich sämtliche Vorgänge zu Herzen zu nehmen. Rasch stellt sich wieder das typische Joe Hill-Feeling ein, bestehend aus fiesen Gefahren und unheimlich sympathischen, aber trotzdem echt wirkenden Figuren. Diese Authentizität gelingt vor allem durch die vielen Eigenheiten, die den Figuren mitgegeben werden. Die Charaktere sind wie immer das große Plus, kaum ein Autor charakterisiert seine Figuren so effektiv.

Auch die Handlung weiß zu begeistern. Besonders der Beginn überrascht durch einen intelligenten Umgang mit erzählter Zeit und Erzählzeit. Ich liebe Joe Hill dafür, dass er nicht bloß reine Horrorromane schreibt, sondern auch (in der Realität verortete) fantastische Elemente einbringt. Solch ein Element gibt es auch bei Christmasland und zieht sich durch die gesamte Handlung. Dies hebt den Roman deutlich von anderen Büchern gleichen Genres ab. Von Hills Romanen gleicht Christmasland dadurch noch am ehesten seiner genialen Comicreihe Locke & Key.
Zum Schluss hin wird die Handlung wie immer etwas actionreicher und auch linearer, Offenbarungen und Reprisen findet man leider nicht. Das ist zwar schade, da gerade der Beginn mit seinen vielen Charakteren, Orten und Erzählzeiten begeistert, dafür gewinnt der Plot zum Ende hin aber unheimlich an Fahrt und Spannung. Die letzten Seiten fliegen geradezu davon.

Auch Christmasland zeichnet sich durch den typischen Joe Hill-Schreibstil aus – und er wird immer besser! Bereits mit den ersten Seiten kommt das nur schwer zu beschreibende Feeling seiner Werke auf. Am ehesten ist sein Stil wohl zu bezeichnen als „Horror mit dem Herz am rechten Fleck“. Hills Wortwahl ist wie immer äußert präzise, Stimmungen und sogar ganze Welten werden durch nur wenige, aber umso effektivere Vokabeln beschrieben. Fremdwörter sind zwar vorhanden, wirken aber nie wie beabsichtigt ausgewählt, sondern gliedern sich perfekt in die flüssige Sprache ein.
Da ich mich nie bei Horrorromanen gruseln kann (dabei habe ich schon sehr viele gelesen), kann ich nicht hundertprozentig in Ausblick stellen, ob man sich auch bei Christmasland erschrecken wird. Zumindest führt Joe Hill zum ersten Mal eine sehr dynamische Sprache ein, die den zeitlichen Ablauf etwaiger Gruselstellen sehr detailliert beschreibt. Meines Empfindens nach ist Christmasland daher gruseliger als seine anderen Bücher.

Joe Hill enttäuscht auch mit dem neuesten Buch mal wieder nicht, stattdessen steht Christmasland auf einer Stufe mit seinen anderen Romanen. Die Genialität von Locke & Key scheint bereits durch, faltet sich aber nie komplett aus. Man kann also gespannt darauf sein, was uns als nächstes erwartet. Fans von Horrorbüchern der Marke Stephen King, Peter Straub oder Neil Gaiman sollten unbedingt zuschlagen – es lohnt sich!

9.0/10

Freitag, 4. Oktober 2013

TV: Heroes (Season 1)


Überall auf dem Planeten verteilt bemerken einige Menschen seltsame Veränderungen an sich selbst. Sie entwickeln ungeahnte Fähigkeiten, etwa zu fliegen oder sich selbst zu heilen. Und einer von ihnen blickt in die Zukunft und erfährt, dass eine riesige Explosion ganz New York vernichten wird.

Zu Beginn der Staffel ist der Zuschauer genauso im Unklaren über die Geschehnisse wie die Figuren selbst. Im gefühlten Sekundentakt fängt der Pilot die Schicksale verschiedener Charaktere und ihre Entdeckung der neuen Kräfte ein. Erst im weiteren Verlauf beginnt man, Zusammenhänge zu erblicken und die Heroes als Teil von etwas Größerem wahrzunehmen. Und spätestens dann fällt einem die Kinnlade aber so richtig herunter!
Solch eine spannende und ausgeklügelte Story ist mir selten untergekommen. Die Komplexität des Plots lässt sich nur schwer wiedergeben, weil darin so viele Figuren und Handlungen vereint werden. Allein der Umgang mit den verschiedenen Zeitebenen strotzt vor Einfallsreichtum.
In jeder Episode passieren sehr viele relevante Geschehnisse, Heroes leidet in keiner Minute unter Leerlauf. Stattdessen bietet sich dem Zuschauer Spannung pur, noch dazu durch die Cliffhanger, die eigentlich keine sind: Denn anstatt klassisch eine Frage aufzuwerfen (Wird XY den Sprung über die Klippe überleben?), endet jede Folge mit einer Auflösung. Anstatt dem Zuschauer also eine Antwort schuldig zu werden, reicht man ihm lieber eine und macht den Plot dadurch nur noch komplexer.
In der Reflektion mutet die Serie sogar wie ein raffiniert konstruiertes Brettspiel an. Denn die Fähigkeiten der Heroes wirken teilweise gegeneinander oder sind voneinander abhängig. So gibt es beispielsweise eine Figur, die ab einer gewissen Nähe dazu in der Lage ist, die Fähigkeiten der anderen Heroes zu blockieren.

Ich persönlich ging ziemlich unvorbereitet an die Serie heran. Deshalb möchte ich niemandem die Überraschung nehmen und alle Kräfte der Charaktere verraten. Doch es sei gesagt, dass sich die Autoren dabei wirklich viel haben einfallen lassen. Auf einige Dinge muss man erst mal kommen! Die Fähigkeiten haben immer latent etwas mit der Persönlichkeit eines jeden Charakters zu tun, ohne ins Symbolische abzudriften.
Generell sind alle Charaktere grundsympathisch, interessant und werden von klasse Darstellern gemimt. Jede Figur besitzt eine Hintergrundgeschichte, die (dem Zuschauer aber noch unbewusst) bereits in den ersten Folgen mitschwingt. Wer denkt sich so etwas Geniales nur aus?
Auch der Bösewicht kann sich sehen lassen. Kein Fiesling hat mich jemals so gefesselt. Seine Motive sind nachvollziehbar und seine Fertigkeiten faszinierend.

Wie man anhand der Zusammenfassung „Menschen mit Superkräften“ bereits erahnen kann, lehnt sich Heroes an Comics an. Ich persönlich hasse Superhelden, bin aber ein irrer Fan von modernen, klugen und ernsten Comics – und als solcher ist Heroes ein Traum. Die Comic-Ästhetik quillt der Serie aus allen Poren. Vor allem der Pilot bietet Kameraeinstellungen, die eher an ein Vertigo-Heft erinnern als an irgendetwas, das man sonst jemals im Fernsehen gesehen hat.
Die Dialoge sind ebenfalls hervorragend und erinnern über weite Strecken an die besten Graphic Novels der Neuzeit – denn anstatt sprachlich alles zu wiederholen, was der Zuschauer bereits durch die Kamera aufnimmt, tragen die tiefgründigen Dialoge lieber dazu bei, die dichte Atmosphäre noch weiter zu verdicken. (Nur die deutsche Übersetzung scheint den Untertiteln zufolge ziemlich nachlässig zu sein.)

Ich habe nur die erste Staffel von Heroes gesehen, diese ist aber in sich perfekt abgeschlossen. Da die weiteren Staffeln sehr schlecht bei den Fans ankommen, werde ich es bei Staffel 1 beruhen lassen und Heroes dafür als eine der besten Serien aller Zeiten handeln.
Ein Meisterstück episodischer Erzählkunst. Must see!

10.0/10

Dienstag, 1. Oktober 2013

Film: Sleepy Hollow


Als riesiger Fan von The Nightmare Before Christmas lasse ich mich regelmäßig von Tim Burton blenden: Seine anderen Filme enttäuschen regelmäßig. So geschehen auch beim mittlerweile schon 14 Jahre alten Horrorkrimi „Sleepy Hollow“.

Handwerklich ist auch Sleepy Hollow ausgezeichnet: Die Einstellungen sind brillante optische Kompositionen, doch stilistisch ist der Film mal wieder ein Graus. Mit seiner ziellosen Ulkigkeit schafft es Sleepy Hollow erneut, keinen seiner Vorsätze zu erfüllen. Der Wunsch, den Zuschauer zum Gruseln zu bringen, scheint immer durch, doch Burton stellt die gesamte Welt dermaßen verkitscht dar, dass es ungewollt amüsant erscheint.
Vor durchgängig grauen Tapeten und schwarzen, knochigen, blattlosen Bäumen breitet der Film eine seltsame Ästhetik aus: Da gibt es Angeklagte in romantisch verzierten, hautengen Folterinstrumenten, kopflose Reiter mit brennenden Kürbisköpfen und aschfahle Hexen mit meterlangen Stielaugen. Wenn dann der wie immer etwas überbewertete Johnny Depp eine Leiche untersucht und dabei eine golden schimmernde Vergrößerungsbrille mit anmontierten Teleskopgläsern hervorholt, hört bei mir alles auf.
Der Plot verwebt die Genres (Kinder-)Grusel und Krimi miteinander, ist ansonsten aber nicht weiter erwähnenswert. Die Handlung ist schnell vergessen und teilweise etwas dilettantisch aufgebaut, genannt sei hier nur die absolut unlogische und abrupte Romanze. Zum Abschluss des Krimistrangs werden aber wenigstens alle vorher ausgeworfenen Fäden zusammengeführt. Auf der Charakterseite gibt es ebenso wenig Enthusiastisches zu berichten, wirken die Figuren doch alle eher wie Schachfiguren mit einer spezifisch für den Plot zugewiesenen Funktion.
Komplettiert wird das Ganze von gewohnt verträumt bis klimperiger Danny Elfman-Musik. Es ist schade, dass er fast ausschließlich mit Tim Burton zusammenarbeitet, ich würde seine Musik gerne mal wieder in anderen Filmen wie etwa Spider-Man hören. Mit Tim Burton liefert er immergleiche, zu den Bildern passende Klimmbimm-Traumszenarien.

Sleepy Hollow ist ein Halloween-Film für das Publik von Disney Channel und superRTL: Kitschige Effekthascherei trifft auf seltsame Ulkigkeit. Tim Burton-Fans werden mit Sleepy Hollow sicherlich ihre Freude haben, besitzt schließlich auch dieser Film alle Stärken seiner anderen Werke. Für mich aber leider nichts.

3.5/10