Freitag, 4. Oktober 2013

TV: Heroes (Season 1)


Überall auf dem Planeten verteilt bemerken einige Menschen seltsame Veränderungen an sich selbst. Sie entwickeln ungeahnte Fähigkeiten, etwa zu fliegen oder sich selbst zu heilen. Und einer von ihnen blickt in die Zukunft und erfährt, dass eine riesige Explosion ganz New York vernichten wird.

Zu Beginn der Staffel ist der Zuschauer genauso im Unklaren über die Geschehnisse wie die Figuren selbst. Im gefühlten Sekundentakt fängt der Pilot die Schicksale verschiedener Charaktere und ihre Entdeckung der neuen Kräfte ein. Erst im weiteren Verlauf beginnt man, Zusammenhänge zu erblicken und die Heroes als Teil von etwas Größerem wahrzunehmen. Und spätestens dann fällt einem die Kinnlade aber so richtig herunter!
Solch eine spannende und ausgeklügelte Story ist mir selten untergekommen. Die Komplexität des Plots lässt sich nur schwer wiedergeben, weil darin so viele Figuren und Handlungen vereint werden. Allein der Umgang mit den verschiedenen Zeitebenen strotzt vor Einfallsreichtum.
In jeder Episode passieren sehr viele relevante Geschehnisse, Heroes leidet in keiner Minute unter Leerlauf. Stattdessen bietet sich dem Zuschauer Spannung pur, noch dazu durch die Cliffhanger, die eigentlich keine sind: Denn anstatt klassisch eine Frage aufzuwerfen (Wird XY den Sprung über die Klippe überleben?), endet jede Folge mit einer Auflösung. Anstatt dem Zuschauer also eine Antwort schuldig zu werden, reicht man ihm lieber eine und macht den Plot dadurch nur noch komplexer.
In der Reflektion mutet die Serie sogar wie ein raffiniert konstruiertes Brettspiel an. Denn die Fähigkeiten der Heroes wirken teilweise gegeneinander oder sind voneinander abhängig. So gibt es beispielsweise eine Figur, die ab einer gewissen Nähe dazu in der Lage ist, die Fähigkeiten der anderen Heroes zu blockieren.

Ich persönlich ging ziemlich unvorbereitet an die Serie heran. Deshalb möchte ich niemandem die Überraschung nehmen und alle Kräfte der Charaktere verraten. Doch es sei gesagt, dass sich die Autoren dabei wirklich viel haben einfallen lassen. Auf einige Dinge muss man erst mal kommen! Die Fähigkeiten haben immer latent etwas mit der Persönlichkeit eines jeden Charakters zu tun, ohne ins Symbolische abzudriften.
Generell sind alle Charaktere grundsympathisch, interessant und werden von klasse Darstellern gemimt. Jede Figur besitzt eine Hintergrundgeschichte, die (dem Zuschauer aber noch unbewusst) bereits in den ersten Folgen mitschwingt. Wer denkt sich so etwas Geniales nur aus?
Auch der Bösewicht kann sich sehen lassen. Kein Fiesling hat mich jemals so gefesselt. Seine Motive sind nachvollziehbar und seine Fertigkeiten faszinierend.

Wie man anhand der Zusammenfassung „Menschen mit Superkräften“ bereits erahnen kann, lehnt sich Heroes an Comics an. Ich persönlich hasse Superhelden, bin aber ein irrer Fan von modernen, klugen und ernsten Comics – und als solcher ist Heroes ein Traum. Die Comic-Ästhetik quillt der Serie aus allen Poren. Vor allem der Pilot bietet Kameraeinstellungen, die eher an ein Vertigo-Heft erinnern als an irgendetwas, das man sonst jemals im Fernsehen gesehen hat.
Die Dialoge sind ebenfalls hervorragend und erinnern über weite Strecken an die besten Graphic Novels der Neuzeit – denn anstatt sprachlich alles zu wiederholen, was der Zuschauer bereits durch die Kamera aufnimmt, tragen die tiefgründigen Dialoge lieber dazu bei, die dichte Atmosphäre noch weiter zu verdicken. (Nur die deutsche Übersetzung scheint den Untertiteln zufolge ziemlich nachlässig zu sein.)

Ich habe nur die erste Staffel von Heroes gesehen, diese ist aber in sich perfekt abgeschlossen. Da die weiteren Staffeln sehr schlecht bei den Fans ankommen, werde ich es bei Staffel 1 beruhen lassen und Heroes dafür als eine der besten Serien aller Zeiten handeln.
Ein Meisterstück episodischer Erzählkunst. Must see!

10.0/10

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