Sonntag, 15. September 2013

Roman: Tommy Jaud - Hummeldumm


Der Irgendwas-mit-Technik-Jobber Matze macht mit seiner Freundin eine zweiwöchige Gruppenreise durch Namibia. Die anderen Mitfahrer gehen ihm dabei gewaltig auf die Nerven. Außerdem hat Matze nirgends guten Handyempfang und er hat seinen Steckdosenadapter vergessen. – Das ist leider schon der gesamte Plot.

Mein Verhältnis zu Tommy Jaud ist seltsam. Obwohl ich kein Fan von ihm bin, habe ich alle seine Bücher gelesen, da ich mich im popkulturellen Geschehen auch innerdeutsch auf dem Laufenden halten möchte. Jauds Werk hat bei mir die Wertung „5.0 – okay“ gepachtet, seine Romane sind alles andere als gut, aber auch nicht unterirdisch. Dementsprechend verwundert war ich über Denis Schecks Verriss des neuesten Buches „Hummeldumm“. Eins vorweg: Herr Scheck behält Recht.

Das größte Problem an Hummeldumm ist die magere Handlung, die mit unnötigen Konflikten aufgeladen ist. Hauptfigur Matze etwa ist einfach zu dumm und zu stolz, seiner Freundin ins Gesicht zu sagen „Es gibt ein Problem mit der Wohnung, um die ich mich kümmern wollte“. Deshalb versucht er heimlich zu telefonieren, sein Handy ohne Adapter aufzuladen und überhaupt erst einmal Funk zu bekommen. Jaud beschenkt uns hier mit einem der banalsten Figurenziele der Literaturgeschichte.
Die Hauptfigur Matze handelt, spricht und schreibt wie ein ignorantes Arschloch, sachter kann man es nicht formulieren. Das in Hummeldumm zu findende Weltbild ist derart konservativ, ignorant und herablassend, dass einem mit jeder Zeile die Schläfe pocht. Nehmen wir etwa die Rollenverteilung: Laut Matze habe sich die Frau um alles zu kümmern, auch um den Urlaub. Umso unverständlicher ist es dann, dass er seine Freundin derartig ankeift wegen der gebuchten Gruppenreise, noch dazu erst am Zielort. Wenn Matze sich dann später sogar beschwert, er sei zu fett wegen seiner Freundin (!), weil sie nicht auf seine (!!) Ernährung achte, hört alles auf.

Der selbstbetitelte „Comedy-Roman“ versucht Witze meist dadurch zu erzeugen, dass Matze im Geiste seine Mitreisenden niederredet. So liest man etwa von (O-Ton!) „Kevin, dem Müsliriegel-Ossi“ oder „Gruberin, dem alten Rosinengesicht“. (Jaud scheint eine Vorliebe für die erste Mahlzeit des Tages zu haben) Eine andere beliebte Methode sind absurde Vergleiche, die in einem Rap-Song besser aufgehoben wären, zum Beispiel „wie ein Zyklop im 3D-Kino“.
Ab und an musste ich pikiert lachen, wobei dies bei so vielen Witzchen kein Kunststück ist. Denn pro Seite schlagen einem mindestens drei verkrampfte Witzchen entgegen, der Roman hat aber 300 Seiten – dass man dann an nur fünf Stellen tatsächlich lachen muss, halte ich deshalb eher für armselig. Pikiert lacht man übrigens deshalb, weil man sich für das bodenlose Niveau schämt, etwa wenn die Hauptfigur aus Bosheit in ein fremdes Zelt kackt.

Ich sage es immer wieder: Eine Komödie soll Spaß machen, und positive Gefühle spürt man am leichtesten, wenn man diese auch vorgeführt bekommt. Genauso wenig wie man über einen Folterfilm lacht, wird man daher bei Hummeldumm schmunzeln, denn die Figuren giften sich permanent an. Permanent! Matze hasst alle seine Mitreisenden und redet sie nieder, geschildert werden nur Gehässigkeiten und Lästereien, Intrigen und Wutanfälle. Wie soll man darüber bitte lachen? Muss einem nach solch einer langen Karriere im Business immer noch erklärt werden, wie Humor überhaupt funktioniert?

Hummeldumm ist ein „Roman“ für den deutschen Meckerfritzen: Voller Neid, Überheblichkeiten, Rechthabereien, Schuldzuweisungen, Vorurteilen, Betrügereien und Lügen. Wer beim sonntäglichen Kaffeetrinken über Anke Engelkes Sketche brüllt und von Mario Barth wie von einem Gott spricht, der wird vielleicht auch mit Hummeldumm seine Freude haben. Für mich zumindest war es das letzte Buch von Tommy Jaud.

1.5/10

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen